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16.11.2020
Was folgt aus den Dürreperioden 2018-2020?
Das derzeitige Wetter erinnert nicht an die außergewöhnliche Trockenheit der letzten drei Jahre. Die Bundesanstalt für Gewässerkunde hat vor einem Monat die Niedrigwasserphase für vorerst beendet erklärt. Haben wir die Dürrefolgen überwunden? Nein, sagt die Bundesanstalt. Das Boden- und Grundwasserdefizit sei trotz der Niederschläge der letzten Wochen immer noch vorhanden.
2018 war das wärmste und niederschlagsärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahre 1881. Die Folge: 90 Prozent Deutschlands war auch in Bodentiefen von mehr als 1,50 Meter ausgetrocknet. Das war zuletzt 1976 der Fall. Im Gegensatz zu damals folgten auf 2018 bisher keine nassen Folgejahre. Im Sommer ist viel Wasser verdunstet oder an der Oberfläche abgelaufen, ohne in den Boden einzusickern. Die im Oktober 2020 eingesetzte Grundwasserneubildungsperiode wird aller Voraussicht nicht reichen, die Defizite der vergangenen Jahre wieder auszugleichen. Der Dürremonitor am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung sieht die meisten deutschen Regionen „im roten oder gelben Bereich“.
Müssen wir uns Sorgen um Grundwassermangel machen? Nein, sagen immer noch viele Experten und Expertinnen. Sie halten es eher für unwahrscheinlich, dass wir in Zukunft auf dem Trockenen sitzen werden. Heidemarie Ohloff, Dezernentin für Wasserwirtschaft bei der Düsseldorfer Bezirksregierung geht trotz der unterdurchschnittlichen Grundwasserneubildung der letzten Jahre nicht davon aus, dass bis zum Ende des 21. Jahrhunderts mit einer signifikanten Änderung des Niveaus der Grundwasserneubildung zu rechnen sei.
Sie beruft sich auf das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV). Das wiederum geht bei seinen Analysen von der Studie „Auswirkungen von Klimaänderungen auf das nachhhaltig bewirtschaftbare Grundwasserdargebot und den Bodenwasserhaushalt in Nordrhein-Westfalen“ aus. Das Institut für Bio- und Geowissenschaften am Forschungszentrum Jülich hatte sie im Mai 2014 veröffentlicht. Die Wissenschaftler um Frank Herrmann und Ralf Kunkel simulierten den nordrhein-westfälischen Wasserhaushalt auf der Basis der Klima-, Wetter- und Wasserdaten zwischen 1961 und 2005.
Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass Grundwasserneubildung vorrangig im hydrologischen Winterhalbjahr mit einem Maximum in den Monaten Dezember und Januar stattfindet.
Nachhaltige Bewirtschaftung heißt: Man darf nur maximal so viel Grundwasser aus der Tiefe pumpen, wie sich an der Stelle wieder neues bilden kann. Sonst versiegt irgendwann die Quelle. Sowohl LANUV als auch die Wissenschaftler des Jülicher Forschungszentrums warnen vor ihren Ergebnissen. Sie sollten „für sich alleine genommen noch nicht als Basis für die Ableitung von Adaptionsstrategien für ein an den Klimawandel angepasstes Grundwassermanagement in Nordrhein-Westfalen verwendet werden.“ Es handele sich um eine einzelne Projektion mit einem einzigen Klimaszenario. Daraus ließen sich keine zuverlässigen Aussagen über zukünftige Grundwassermengen ableiten.
Zwei außergewöhnliche Dürrejahre wie 2018 und 2019 gab es in den vergangenen 250 Jahren noch nicht. Das Corana-Jahr 2020 steht noch vor der hydrosystemischen Auswertung. Die extremen Trockenperioden könnten zunehmen, wenn die Treibhausgasemissionen nicht reduziert werden. Das geht aus einer Studie unter Leitung von Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig hervor, über die ZEIT-online am 6. August 2020 berichtete.
Ein deutsch-tschechisches Forscherteam unter Leitung des UFZ hatte die beiden Dürrejahre 2018 und 2019 in die Reihe langfristiger globaler Klimadaten seit 1766 eingeordnet. DIE ZEIT zitiert Rohini Kumar. Er arbeitet in der Abteilung Hydrosystemmodellierung des UFZ und ist einer der Autoren der Studie: „Es ist wichtig, dass wir die Bedeutung von Dürren in aufeinanderfolgenden Jahren erkennen und einen ganzheitlichen Rahmen zur Modellierung des Risikos entwickeln.”
Die Folgen waren in zurück liegenden Monaten sichtbar: Ernteausfälle, Waldbrände und Bäumesterben, Straßenschäden, Einschränkungen des Containertransports auf den Flüssen, Hitzebedingte Tode, Austrocknen der Bäche und Löschteiche…
Auch wenn die LANUV-Wasserszenarien für den Niederrhein noch vergleichsweise komfortabel sind: Regionale Strategien zum Umgang mit Trockenheitsperioden und Dürrefolgen sind vonnöten.
Im Sommer 2020 forderte Bundesumweltministerin Svenja Schulze ein Umdenken bei der Verteilung von Wasser. Für die Nutzung brauche es neue Regeln und eine Wasserhierarchie. Beim nationalen Wasserdialog erhielt sie Unterstützung durch die Wissenschaft. Bei der Abschlusspressekonferenz zum Wasserdialog am 8. Oktober 2020 war die Rede vom Wasserstress und den Risiken für die Daseinsvorsorge. Mit dem Begriff „Wasserdargebot“ wird das verfügbare Wasser umschrieben. Im langfristigen Mittel beträgt es 188 Milliarden Kubikmeter. 2018 lag es bei nur 119 Milliarden Kubikmeter. Wenn wir zu viel des vorhandenen Wassers nutzen, drohen Umweltprobleme: Grundwasser in Küstennähe versalzt, Moore und Feuchtgebiete trocknen und setzen zusätzliche Treibhausgase frei.
Nicht nur das Mengenproblem sorgt für Wasserstress. Auch die Wasserqualität ist wieder ins Gerede gekommen. Und das liegt nicht nur an verfeinerten Messtechniken. Stichworte: schädliche Spurenstoffe, Nitrat, Mikroplastik, über den Urin ausgeschiedene Arzneimittelreste. Nicht alles wird durch Kläranlagen gereinigt. Und in Trockenperioden steigt der Abwasseranteil in unseren Seen, Bächen und Flüssen. Das Wasserthema rückt auf der klimapolitischen Agenda weiter nach oben. Mehr Anmerkungen dazu im Grenzlandgrün-Montagstext zum Gewässermanagement…
Grenzlandgruen - 09:00 @ Umwelt und Gesundheit | Kommentar hinzufügen
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