niederrheinisch - nachhaltig 

Montag, 16. September 2019

Europa nachhaltig machen

Martin Mödder und Martin Unfried

Man schätzt und schützt nur, was man kennt. Was für Naturerlebnisse gilt, ist für die „Europäische Union“ von besonderer Bedeutung, zeigt sie doch, dass Demokratie komplex und langwierig ist. Und wenn es um Europa und Nachhaltigkeit geht, wird es nicht unbedingt einfachenr und übersichtlicher. 

Am 11. September 2019 gaben der Maastrichter Journalist und Wissenschaftler Martin Unfried und der Vorsitzende des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der Jungen Europäischen Föderalisten, Martin Mödder In der VHS-Grenzlandgrün-Veranstaltung „Europa nachhaltig machen“ historische und aktuelle Einblicke in das Innenleben dieses merkwürdigen und schwer zu durchschaubaren  Gebildes namens EU. Fazit: Klimaschutz und Nachhaltigkeit werden weiterhin auf der ewigen „Baustelle Europa“ gemacht.

Nein zu „Europadämmerung“ und „Schicksalswahlen“

© Wolkenkrieger auf pixabay

Die linke und rechte EU-Skepsis schien in den letzten Jahren wieder zu wachsen. Grenzlandgrün-Moderator Manfred Böttcher wies darauf hin: „Wir haben in den letzen Jahren mit dem Brexit-Chaos, dem inhumanen Umgang mit ausgegrenzten Menschen, dem Erstarken des Rechtspopulismus Sachverhalte zur Kenntnis nehmen müssen, die die traditionellen europapolitischen Analysen und Glaubenssätze ins Wanken brachten.“  Vor der Europawahl im Mai 2019 war die Rede von „Schicksalswahlen“ oder von einer „Europadämmerung“. Der aus Bulgarien stammende Intellektuelle Ivan Krastev hat sie in einem viel beachteten Buch beschrieben. Es gab politikwissenschaftliche Tagungen über Desintegrations- und Zerfallstheorien. Und es ist historisch nichts Neues, dass ganze Systeme in Europa unerwartet zusammenbrechen.

Von solchen Theorien halten Mödder und Unfried nicht viel. Martin Mödder fand das Gerede von „den Schicksalswahlen im Mai“ überzogen. Jede demokratische Wahl sei eine Richtungsentscheidung. „Die öffentliche Darstellung vor der Europawahl hatte viel mit Selbstprophezeiung zu tun. Das ganze wurde schlechter dargestellt als es ist.“ Auch Unfried sieht es pragmatisch. „Die einen beschreiben die EU als neoliberales Ungetüm, die anderen als dirigistisches Sozialstaatsmonster.“ Das Gebilde sei „träge, zäh und unsexy“, aber Unfried mag es: „I love EU und nicht nur Europa“. „Denn wer sollte Europa nachhaltiger machen, wenn nicht die EU?“ Unfried: „Es gibt keine zweite EU in irgendeinem Kofferraum, die uns in ein sozialistisches oder neoliberales Paradies geleiten kann.“

Nach der Wahl zum Europäischen Parlament im Mai 2019 wird die Mehrheitsbildung spannender. Konservative und Sozialdemokraten habe ihre gemeinsame gestalterische Mehrheit verloren. Großen Zugewinn hatten die Grünen und die rechtspopulistischen EU-Gegner sowie - dank der vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron initiierten coalition renaissance - die Liberalen. Im Europaparlament gibt es 751 Mandate, 54 sind (noch) fraktionslos.  Ein Fraktionszwang wie in Deutschland ist nicht üblich. Zudem scheint die Fraktionsbildung noch nicht abgeschlossen zu sein. Um Fraktionsstatus zu erlangen, müssen sich mindestens 25 Abgeordnete aus sieben EU-Ländern zusammenschließen. Nach den Informationen Martin Unfrieds gibt es derzeit „Beitrittsverhandlungen“ zwischen der grünen Fraktion und den 14 Abgeordneten der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung.   

Europa sichtbar machen

Der 29-jährige Martin Mödder ist Vorsitzender von 550 unter 35-jährigen Mitgliedern des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der Jungen Europäischen Föderalisten, einer  in 30 europäischen Ländern auch außerhalb der EU überparteilichen politisch arbeitenden „proeuropäischen Lobbyorganisation“. Sie umfasst über 25.000 Mitglieder, die die Vorteile eines geeinten Europas deutlich machen möchten  und sich gegen die Rückkehr in Nationalismen wehren. Die Rede von „nationalen Interessen“ kann auch Martin Unfried nicht nachvollziehen: „Es gibt keine national geprägte Weltsicht, sondern unterschiedliche Perspektiven auf Sachfragen und politische Inhalte.“ JEF organsiert Workshops und internationale Begegnungen,  baut Netzwerke mit jungen Europaexperten auf. Anti-Europäer und Nationalisten sind bei JEF fehl am Platze. Es gibt daher einen Unvereinbarkeitsbeschluss für AFD-Mitglieder. Zur Europawahl hat die JEF die Kampagne „Europa machen“ ins Leben gerufen. Sie läuft bis Ende September 2019 und will Europa möglich, sichtbar, demokratischer, solidarischer, sozialer und innovativer machen. Dazu fordert die JEF unter anderem ein Gesetzesinitiativrecht für das Europäische Parlament, ein europäisches Asyl- und Migrationsrecht, eine europäische Arbeitslosenversicherung, mehr europäische Forschungsinvestitionen oder mehr Eigenmittel für die EU durch eine echte europäische Steuer. „Europa sichtbar machen“ setzt sich für eine regelmäßige Medienberichterstattung über europäische Entscheidungen ein. Dazu setzt Martin Unfried auf Personalisierung. Denn „Personen machen Politik.“ Vor der Europawahl standen allerdings  lediglich Manfred Weber und Frans Timmermanns im Mittelpunkt der Berichterstattung. Andere Europapolitiker*innen kamen kaum vor. Besonders ärgerlich für Martin Unfried: „Ins deutsche Fernsehen werden nur politische Akteure eingeladen, die perfekt deutsch sprechen. So spielte der grüne Spitzenkandidat Bas Eickhout in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. Martin Unfried selbst ging im Frühjahr in seiner „taz lab“-Ankündigung „Klima wird in Brüssel gemacht“ auf seine Bedeutung für die europäische Klima- und Nachhaltigkeitspolitik ein.

Die Entstehung von EU-Richtlinien und andere europäischen Beschlüssen seien viel zu intransparent. Ein Beispiel: der Streit um ein „Dieselfahrverbot in Innenstädten“. Politiker könnten ohne öffentlichen Einspruch gegen europäische Feinstaub- und Stickoxid-Grenzwerte wettern, die sie vor 10 Jahren selbst beschlossen haben. Auch das „Glühbirnenverbot“ sei kaum im Zusammenhang mit einer Jahre zuvor beschlossenen Ökodesign-Richtlinie diskutiert worden. Die Intransparenz-Reihe ließe sich besonders bei der Umweltpolitik fortsetzen und wurde bei vielen Grenzlandgrün-Veranstaltungen unter dem Stichwort „Vollzugsdefizite“ thematisiert. In den Medien werden die Mechanismen der EU-Umweltpolitik nur unzureichend dargestellt. In der öffentlichen Debatte um Gülle und Trinkwasser, um Artenschutz oder Kreislaufwirtschaft gerät allzu oft aus dem Fokus, dass Bundes- und Landesgesetze im Umweltbereich nichts anderes sind als umzusetzendes EU-Recht, das nicht mit irgendwelchen Landesentfesselungspaketen oder kommunalen Hoheitsentscheidungen außer Kraft gesetzt werden kann. Die hohe Zahl der Vertragsverletzungsverfahren im Umweltbereich sind ein Indiz für dieses Unverständnis.

Um mehr europäische Sichtbarkeit herzustellen, hält Marin Mödder einen eigenen JEF Youtube-Kanal für keine schlechte Idee. Allerdings überschreite dessen Aufbau derzeit noch die Grenzen einer ehrenamtlichen Jugendorganisation.

Europa nachhaltig  machen vor dem 11. September 2001

© Renate Hermesmeier - pixelio

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Zeit zwischen dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ und „9-11“ in die Geschichtsbücher als die goldenen Jahre der internationalen Nachhaltigkeitspolitik eingehen wird. Von Friedensdividende, vom Ende der Geschichte, von Einer Welt und von nachhaltiger Entwicklung war damals die Rede. Die Weltgemeinschaft beschloss 1992 beim Erdgipfel in Rio unter anderem eine Agenda 21 für Umwelt und Entwicklung, eine Klimarahmen- oder eine Biodiversitätskonvention. Dieser Geist schlug sich auch beim „Europa nachhaltig machen“ nieder. 1992 begründete der Vertrag von Maastricht die Europäische Union und die Vergemeinschaftung einzelner Politikbereiche. „Maastricht" gilt bis heute als ein Meilenstein im Prozess der Vertiefung und Erweiterung der europäischen Integration. 1997 setzten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs im Vertrag von Amsterdam das Ziel, eine „ausgewogene und nachhaltige Entwicklung“ herbeizuführen. Im Mai 2001 veröffentlichte die Europäische Kommission ihre Strategie der „nachhaltigen Entwicklung in Europa für eine bessere Welt“. Sie wurde einen Monat später auf dem -  von globalisierungskritischen Ausschreitungen überschatteten -  EU-Gipfel von Göteborg verabschiedet. Neben EU-Erweiterung, Annäherung an die Türkei und Modernisierung stand diese Strategie im Mittelpunkt der Beratung. Die Rede war von einem neuen Konzept der Politikgestaltung, von der Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch, von Preisen, die die ökologischen Kosten widerspiegeln. Als Schwerpunkte künftiger Umweltaktionsprogramme standen die Klima-, Verkehrs-, Gesundheits- und Ressourcenpolitik.

Die Berichterstattung über den EU-Nachhaltigkeitsgipfel stand aber 2001 ganz im Zeichen der Göteborger Krawalle mit unzähligen Schwerverletzten und einer verfehlten Polizeitaktik. Zwei Monate später setzte die schwedische Regierung eine öffentliche Untersuchungskommission zu den Göteborger Vorgängen ein. Die beschäftigte sich nicht nur mit Gewalttätern und Polizeitaktik und gelangte zu ähnlichen Erkenntnissen wie die damaligen Globalisierungskritiker: Die Macht zwischen Arbeit und Kapital sowie zwischen Nationalstaaten und transnationalen Unternehmen habe sich verschoben.

Drei Monate nach dem Gipfel wurde der Geist einer ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung in der „Einen Welt“ durch den „Krieg gegen den Terror“ überschattet. Einen Tag nach den Terroranschlägen nimmt die Europäische Kommission das Weissbuch „Die europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“ an. Dort wird sustainable development“ als Anlass und Instrument einer integrierten europäischen Verkehrspolitik beschrieben und Konzepte für ein europäisches Verkehrssystem im Jahre 2010 entwickelt, vor dessen Hintergrund die Grenzland-Debatten um „Viersener Kurve“ und „S-28 – Verlängerung“ ziemlich absurd wirken.

Weißbuch Europäische Verkehrspoliitk (2011)
2011-09-12 Weissbuch Die europäische Verkehrspolitik bis 2010.pdf (729.08KB)
Weißbuch Europäische Verkehrspoliitk (2011)
2011-09-12 Weissbuch Die europäische Verkehrspolitik bis 2010.pdf (729.08KB)

Es ist daher nur folgerichtig, wenn Martin Unfried dazu auffordert, sich für „Europa nachhaltig machen“ nochmals die EU-Nachhaltigkeitsstrategie von Göteborg anzuschauen. Sie sollte 2001 „als Katalysator für politische Entscheidungsträger und die öffentliche Meinung dienen und zur treibenden Kraft für institutionelle Reformen und ein verändertes Verhalten von Unternehmen und Verbrauchern werden.“

Martin Unfried warnt: „Alles was im Umweltbereich nicht verrechtlicht ist, hat ein Problem.“ Zur Verrechtlichung braucht man politische Mehrheiten. Unfried: „It’s the majority, stupid.“  Mehrheiten können durch Einsichten und gesellschaftlichen Druck entstehen. Schon heute ist die Rede vom „Thunberg-Effekt“ für die Klimapolitik. Hitzesommer, „Ende Gelände“, „Fridays for future“, „Transition towns“, „Rettet die Bienen“ etc. haben den alten Nachhaltigkeitskonzepten  neuen Schwung verliehen. Auch der Landrat des Kreises Viersen hat „Nachhaltigkeit“ als Thema für die Kreisverwaltung und seinen bevorstehenden Wahlkampf entdeckt. 

Europa nachhaltig machen nach dem 11. September 2019

© Tim Reckmann-pixelio

Am Vortag der VHS-Grenzlandgrün-Veranstaltung hatte die designierte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen "ihre Kommission“, deren Schwerpunkte und Arbeitsmethoden vorgestellt. Motto: Neuer Schwung für die Demokratie in Europa.“ Die Kandidaten wurden von den Nationen benannt, die Ressortverteilung unterliegt der zukünftigen Kommissionspräsidentin.

Martin Mödder bezweifelt allerdings , dass das Europaparlament das Personaltableau ohne Veränderung durchwinkt. Die einzelnen Kommissare müssen sich vor der Abstimmung in den zuständigen Ausschüssen einer Anhörung unterziehen. Dort werden sie „gegrillt“. Dem ehemaligen ungarischen Justizminister László Trócsányi gibt Mödder dabei wenig Chancen. Schließlich war Trócsányi für die  umstrittenen Justizreformen  mit verantwortlich. Etliche dieser „Reformgesetze“ sind Gegenstand von  17 EU-Vertragsverletzungsverfahren. Die Justizreform hat ein Artikel-7-Verfahren wegen Grundwerteverletzung ausgelöst, das das Europaparlament vor einem Jahr gegen Ungarn auf den Weg gebracht hat. Mödder nimmt an, dass all dies beim „Grillen“ zur Sprache kommen wird. Er kann sich vorstellen, dass  László Trócsányi am Ende nicht zu dem Kommissionsteam gehören wird, über das Europaparlament abstimmen muss, bevor der Europäische Rat es ernennt und die neue Kommission am 1. November 2019 ihr Amt antreten kann. Ursula von der Leyen hat im Juli 2019 ihre sechs politischen Leitlinien für die künftige Europäische Kommission 2019- 2024 aufgestellt, die Martin Mödder in seiner Präsentation so zusammengefasst hat

Kurios findet Mödder die Forderung, das Spitzenkandidatensystem zu verbessern. Schließlich sei Ursula von der Leyen vom Europäischen Parlament mit einer Mehrheit von nur acht Stimmen zur Kommissionspräsidentin gewählt worden, nachdem der eigentliche Wahlsieger, der EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber, weder im Parlament noch im Europäischen Rat eine Mehrheit fand. Viele Beobachter hatten danach über ein Ende des europäischen „Spitzenkandidaten“ spekuliert.

Martin Unfried ist gespannt darauf, wie die neue Kommission ihre Klimaschutzziele ins europäische Recht übertragen wird. Die angestrebte CO2-Reduktion von 50 -55 % im Vergleich zu 1990 ist die bisher ambitionierteste Ansage. Galt 2007 noch 80% des 1990er- CO2-Ausstoßes als tragbar, waren es 2014 höchstens 60%. Von 1990 bis 2017 reduzierte die EU ihre Treibhausgas-Emissionen um 23 Prozent. Möglich wurde dies durch den Umbau der osteuropäischen Ökonomie, aber auch durch regulatorische Maßnahmen beim Emissionshandel, den erneuerbaren Energien, bei der Energieefizienz und den Kfz-Abgasen. Doch das reicht bei weitem nicht aus, die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen und das Überleben der Menschheit zu sichern. Frankreich, Niederlande, Belgien, Schweden, Spanien, Portugal und Luxemburg hatten daher im Mai 2019 die Europäische Kommission aufgefordert, den europäischen Klimaschutz zu forcieren, um bis 2050 vollständige Klimaneutralität zu erreichen. Dies findet nach aktuellen Umfrageergebnissen bei 92% der EU-Bürger*innen Unterstützung. „Ich will, dass Europa noch mehr erreicht, indem es zum ersten klimaneutralen Kontinent wird.“ So beginnt Ursula von der Leyen ihre Erläuterungen zur ersten Leitlinie „Ein europäischer Grüner Deal“. Erreichen will sie dies durch Investitionen in Innovation und Forschung, durch Umgestaltung der Wirtschaft und Modernisierung der Industriepolitik. In einem europäischen Klimagesetz will von der Leyen die Klimaneutralität bis 2050 gesetzlich verankern. Dies hält Unfried für unabdingbar. „Ohne Verrechtlichung hat der Klimaschutz  keine Chance gegen Brand- oder Denkmalschutz oder das politische Klagen über eine angebliche Ökodiktatur.“ 

Von der Leyen will das Emissionshandelssystem auf den Verkehrs- und Baubereich ausweiten, eine CO2-Grenzsteuer einführen , um Verlagerungen von CO2-Emmisionen zu verhindern, will die EU zum globalen Vorreiter in der Kreislaufwirtschaft und bei sauberen Technologien machen, verspricht einen europäischen Klimapakt, „um von der Einzelperson bis zum größten multinationalen Unternehmen eine Verhaltensänderung zu bewirken.“ Die Europäische Investitionsbank will von der Leyen in die Klimabank Europas umwandeln und in einem „Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa“ in den nächsten zehn Jahren Investitionen in Höhe von 1 Billion € unterstützen. „Wir müssen die Art und Weise, wie wir produzieren, konsumieren und Handel treiben, ändern. Der Erhalt und die Wiederherstellung unseres Ökosystems müssen bei all unserer Arbeit als Richtschnur dienen.“ … „Wir werden unsere Landwirte mit einer neuen Strategie für eine nachhaltige Lebensmittelerzeugung „vom Erzeuger bis zum Verbraucher“ (Farm to Fork) entlang der gesamten Wertschöpfungskette unterstützen.“

Zur Umsetzung hält Unfried einen regulatorischen Ansatz für unabdingbar, der die öffentliche Verwaltung steuert und die europäischen Finanzinstrumente – besonders die Agrar- und Regionalmittel – sowie die Handelspolitik an Klimaschutz und Nachhaltigkeit anpasst. Für verfehlt hält Unfried die europäische Autopolitik. Die CO2-Grenzwerte heute seien nicht ambitioniert genug. Sie müssten in jeden Fall ein Zulassungsende von Autos mit Verbrennungsmotor vorschreiben. "Wenn nach 2030 noch grosse Anteile fossile Autos zugelassen werden, sind die Klimaziele nicht zu halten. Autos, die nach 2030 zugelassen werden fahren noch bis weit in die 40er Jahre auf Europas Straßen.“ 

Agenda 21 - reloaded

© Gerd Altmann - pixabay

"Agenda 21 – reloaded“ bedeutet: Wettbewerb und Wirtschaftswachstum nur im Rahmen der ökologischen Belastungsfähigkeit und der globalen Menschenwürde. Damit verbunden ist ein gewaltiger Kulturwandel, dessen Herausforderung die Europäische Kommission bereits 2001 mit einem Zitat aus Goethes Wahlverwandtschaften veranschaulichte: „„Im ganzen können wir vieles aufopfern, aber uns im einzelnen herzugeben, ist eine Forderung, der wir selten gewachsen sind.“

Die Göteborg-Strategie vor dem 11. September 2001 setzte darauf, „dass das Wirtschaftswachstum, der soziale Zusammenhalt und der Umweltschutz auf lange Sicht Hand in Hand gehen müssen“.  Vom dort umschriebenen  Ziel „Aufbrechen der Verkettung von Wirtschaftswachstum, Nutzung der Ressourcen und Abfallproduktion“ sind wir noch weit entfernt. Ohne faire und kostengerechte Preise (Internalisierung der externen Kosten) und globale sozialökologische Leitplanken  bleibt es wohl unerreichbar.

Von der Leyen will Verhaltensänderungen „von der Einzelperson bis zum größten multinationalen Unternehmen bewirken,  aber belastbare Strategien hin zur einer globalen grünen Wirtschaft existieren noch nicht. Die Transformation in eine dekarbonisierte Weltgesellschaft, die auf Dauer mit einem Planeten auskommt und jedem Lebewesen ein würdiges Leben garantiert, hat noch keinen globalen Masterplan, aber der Handlungsdruck auf allen politischen Ebenen wächst. Der EU kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Nachhaltigkeit nach dem Schema „Wirtschaft gegen Umwelt und im Zweifel siegt das Wirtschaftswachstum“ ist dabei ebenso wenig  zukunftsfähig, wie der Versuch, Naturgesetze zugunsten von wirtschaftlichen Einzelinteressen außer Kraft zu setzen – selbst wenn es dafür demokratisch gewählte Mehrheiten geben sollte.

Agenda Ursula von der Leyen (2019)
2019-07-16 Ursula von der Leyen - Meine Agenda für Europa.pdf (1.11MB)
Agenda Ursula von der Leyen (2019)
2019-07-16 Ursula von der Leyen - Meine Agenda für Europa.pdf (1.11MB)
Übersicht Kommission 2019-2024
2019-09-10 Kommission von der Leyen.pdf (300.8KB)
Übersicht Kommission 2019-2024
2019-09-10 Kommission von der Leyen.pdf (300.8KB)
Arbeitsmethoden Kommission 2019-2024
Arbeitsmethoden
2019-09-10 European Commission - Main principles of the working methods.pdf (165.37KB)
Arbeitsmethoden Kommission 2019-2024
Arbeitsmethoden
2019-09-10 European Commission - Main principles of the working methods.pdf (165.37KB)

  


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