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12.01.2022
Pestizidatlas 2022
Die Heinrich-Böll-Stiftung, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany) haben in Zusammenarbeit mit der französischen Zeitung „Le monde Diplomatique“ einen Pestizidatlas herausgegeben. Er bietet auf über 50 Seiten und in über 80 Grafiken zahlreiche Daten und Fakten zu Giften in der Landwirtschaft in Deutschland und weltweit.
Der Atlas macht deutlich, dass wir uns zu sehr an ein System der industriellen Landwirtschaft gewöhnt haben, das von chemischen Pestiziden abhängig ist. Sie werden als Herbizide gegen unerwünschte Pflanzen, als Insektizide zur Schädlingsbekämpfung und als Fungizide gegen Pilze eingesetzt. Nur wenige Konzerne teilen sich den Weltmarkt für Pestizide – darunter Bayer, die Sygenta Group, Corteva und BASF. Deutschland gehört zu den wichtigsten Pestizid-Exporteuren.
Der Pestizideinsatz ist – trotz aller Kritik - in den vergangenen Jahrzehnten stark angestiegen. Häufig schädigt er auch Arten, die gar nicht bekämpft werden sollen. Er verunreinigt Gewässer und stellt für den Menschen eine Gesundheitsgefahr dar. Auf vielen Lebensmitteln, die wir zu uns nehmen, werden immer wieder Rückstände von Pestiziden nachgewiesen. Äpfel zählen zu den am meisten gespritzten Obstorten.
Konventionell bewirtschaftete Äcker weisen nur drei Prozent der floristischen Artenvielfalt auf, die auf Äckern zu finden ist, die noch nie mit Pestiziden behandelt wurden. Auf biologisch bewirtschafteten Äckern liegt die Vielfalt mit 53 Prozent erheblich höher.
Seit 1974 wird das Herbizid Glyphosat verkauft. Es steht seit Jahren in der Kritik. Zahlreiche Betroffene haben mittlerweile den Hersteller Bayer verklagt, weil sie nach dem Kontakt mit dem Herbizid an Krebs erkrankt sind. Die Internationale Agentur für Krebsforschung hat Glyphosat 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Die aktuelle Zulassung in der EU läuft im Dezember 2022 aus. Der zum Verband der Chemischen Industrie gehörende Industrieverband Agrar wirbt für eine erneute Zulassung. Die EU-Kommission will im Rahmen ihrer „Farm to fork-Strategie“ den Pestizideinsatz bis 2030 um die Hälfte reduzieren.
Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender, erklärt: „Der Verlust der Artenvielfalt weltweit, aber auch in Deutschland ist dramatisch und kann nur gestoppt werden, wenn der Einsatz von Ackergiften deutlich reduziert wird. Hierzu erwarten wir gesetzgeberisches Handeln von der neuen Bundesregierung. Dabei muss die Gesamtmenge der Pestizide um 50 Prozent gesenkt und besonders gefährliche Pestizide verboten werden. Es müssen innerhalb der jetzigen Legislaturperiode konkrete Maßnahmen umgesetzt werden, um die Erfolge der Pestizidreduktion zu kontrollieren. Entscheidend dabei ist, dass die landwirtschaftlichen Betriebe dabei unterstützt werden mit weniger Pestiziden wirtschaftlich tragfähig zu arbeiten.[…] Ein Umdenken ist dringend notwendig, denn der hohe Pestizideinsatz schadet der Biodiversität. Er trägt zum Verlust zahlreicher Nützlinge bei, ohne die wiederum noch mehr Pestizide notwendig sind. Der damit verbundene Rückgang bestimmter Wildpflanzenarten führt zum Verlust von Lebensraum und Nahrung für spezialisierte Insekten.“ (1)
Der Industrieverband Agrar (IVA) wirft dem Pestizidatlas vor, ein Zerrbild des Pflanzenschutzes zu verbreiten. (2) Stattdessen erzählt der Verband seine eigenen Wahrheiten z.B. die von einem „Intelligenten Landschaftsmanagement“, bei dem agrarindustrielle Produktionsflächen und natürliche Lebensräume nebeneinander und ungestört ihre jeweiligen Funktionen erfüllen können. (3) Oder seine Wahrheit über den Biodiversitätsverlust: „Wenn man nur die Abgänge bisher heimischer Arten zählt, entsteht der Eindruck, dass die Artenvielfalt zurückgeht. Zählt man aber die zahlreichen Neusiedler mit, wird deutlich, dass die Zahl der Säugetier- und Vogelarten in den meisten Regionen Mitteleuropas seit 1900 zu- und nicht abgenommen hat.“ (3)
Seriöse Zahlen und Berechnungen können Sie hier im “Pestizidatlas 2022” nachlesen.
Anmerkungen
1. BUND. Pestizidatlas 2022 zeigt: Neue Bundesregierung muss Pestizidwende einleiten. [Online] 12. Januar 2022. https://www.bund.net/service/presse/pressemitteilungen/detail/news/pestizidatlas-2022-zeigt-neue-bundesregierung-muss-pestizidwende-einleiten/
2. Industrieverband Agrar. IVA zum Pestizidatlas: Schade, die Debatte war schon weiter. [Online] 12. Januar 2022.
https://www.iva.de/newsroom/neuigkeiten/pressemitteilung/iva-zum-pestizidatlas-schade-die-debatte-war-schon-weiter
3. Industrieverband Agrar. Landwirtschaft und Biodiversität – kein Gegensatz. [Online] https://www.iva.de/umwelt/biologische-vielfalt
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