niederrheinisch - nachhaltig 

24.06.2022

NABU, BUND & Co zum Koalitionsvertrag: Keine tragbare Grundlage für NRW

2022-06-24 (2).pngDer Koalitionsvertrag von CDU und Grünen (1) weist nach Einschätzung des NRW-Landesverbandes des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) “zu viele Mängel” auf, um ein tragfähiger Zukunftsvertrag für NRW sein zu können. (2) Der NABU-NRW nimmt den Vertrag „maßlos enttäuscht“ zur Kenntnis. Zwar gebe es einige wenige Lichtblicke, wie eine Erhöhung der Mittel für den Naturschutz, dennoch bewertet der NABU den Vertrag “insgesamt deutlich negativ“. (3)

„Trotz unbestreitbarer Fortschritte beim Klimaschutz bleibt der Schutz unserer Biodiversität vollkommen unterbelichtet. Die Koalition scheint auf dem grünen Auge blind zu sein“, kritisiert der BUND-Landesvorsitzende Holger Sticht. „Es fehlt eine harte Bremse zur Reduktion des Flächenverbrauchs, die Vergrößerung des Naturwaldanteils um gerade einmal 1 Prozent ist geradezu beschämend, die angekündigte Unterstützung zur Aufweichung des Arten- und Naturschutzes auf der EU-Ebene ist ein Angriff auf geltende Naturschutzstandards. Der Koalitionsvertrag ist ein Vertrag zwischen CDU und Grünen, nicht aber für die Zukunft unseres Landes.“ (2)

Statt klarer Festlegungen zum Flächenschutz in Form verbindlicher Ziele im Landesentwicklungsplan soll die 5 Hektar-Grenze nur als unverbindlicher Grundsatz verankert werden, eine „Netto-Null“-Perspektive fehlt vollständig. Stattdessen sollen Flächen für landesbedeutsame Großvorhaben „auf der grünen Wiese“ weiter gesichert werden. 

Auch der Landes- und Fernstraßenbau soll erst einmal ungebremst weiterlaufen. Wichtige Themen wie die Ausweisung von Wildnisentwicklungsgebieten oder die Wiedervernässung von Mooren und Auen als entscheidende Zukunftsaufgaben des Klima-, Hochwasser- und Biodiversitätsschutzes würden nicht angesprochen. Auch die geplante Aufweichung der Ausgleichsregelung bei Eingriffen in den Naturhaushalt sei im höchsten Maße kontraproduktiv. (2)

Das gelte auch für die Trennung der Ressorts Landwirtschaft und Umwelt. „Damit ist vorprogrammiert, dass sich das CDU-geführte Landwirtschaftsministerium gegenüber allen Umweltbelangen durchsetzen wird“, so die Befürchtung von BUND-Chef Sticht. (2) „Die zukünftige ministerielle Trennung von Land- und Forstwirtschaft und Umwelt und Naturschutz ist rückwärtsgewandt und stürzt das Land im Natur- und Artenschutz weiter in die Krise“, so Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des NABU NRW. Damit würden Strukturen zerschlagen, die für die Umsetzung von Naturschutzzielen in der Fläche, aber auch für eine fortschrittliche Gestaltung der Agrar- und Waldpolitik unerlässlich seien. Naderer: “Der Natur- und Artenschutz droht marginalisiert zu werden – ein enttäuschendes Verhandlungsergebnis einer grünen Partei und einer Partei wie der CDU, die den Erhalt der Schöpfung mit vertreten will.“ (3)

Deutlich mehr Licht als Schatten sieht der BUND beim Klimaschutz. Die Festschreibung des Kohleausstiegsdatums 2030, die Ankündigung einer neuen, dieses Mal finalen Braunkohle-Leitentscheidung und die weitere Verkleinerung des Tagebaus Garzweiler zur Rettung von fünf Dörfern waren vom BUND lange gefordert worden. „Das Fehlen einer klaren Aussage zur Ortschaft Lützerath ist aber ein Fehler“, ist sich der BUND-Landesvorsitzende Sticht sicher. „Wir erwarten, dass bis zur angekündigten Einigung mit RWE über die Frage, welche Flächen bis zur Leitentscheidung noch genutzt werden sollen, keine weiteren Fakten geschaffen werden.“ (2)

„Wie man ohne einen konkreten Pfad zur Klimaneutralität und ohne feste Perspektive für Lützerath die 1,5 Grad-Grenze einhalten will, erschließt sich uns nicht.“ meint Rênas Sahin, Landessprecher der GRÜNEN JUGEND NRW, die den vorgelegten Vertrag als Koalition der Zumutung ablehnt. (4)

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien zeichnet sich nach BUND-Auffassung ein Ende der jahrelangen Blockade ab. „Die Einführung einer solaren Baupflicht selbst für Bestandsgebäude und der Wegfall der 1.000 Meter-Abstandsregelung für Windenergieanlagen können der Energiewende neuen Schwung verleihen“, so Sticht. Positiv zu bewerten seien auch die Wiedereinführung einer landes- und regionalplanerischen Steuerung und konkrete Flächenvorgaben für die Planungsregionen.  Jetzt gelte es aber auch, für Freiflächen-PV-Anlagen und die Windenergie auf Forst-Kalamitätsflächen klare Biodiversitätsstandards zu definieren. (2)

Das sieht der NABU kritischer. Auch er bekennt sich zu einem naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien zur Erreichung der Klimaziele und begrüßt den im Koalitionsvertrag festgehaltenen Kohleausstieg bis 2030. „Von einem naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien und Maßnahmen diesen mit den Zielen des Erhalt der Biodiversität auszusöhnen, wie bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages betont, ist dieses Papier allerdings weit entfernt “, erklärt Naderer. Vielmehr werde nicht nur beim Ausbau der Erneuerbaren Energien deutlich, dass zukünftig ohne Rücksicht auf “massivste” naturschutzfachliche wie -rechtliche Bedenken Planungs- und Bauvorhaben beschleunigt umgesetzt werden sollen. (3)

Dass der Koalitionsvertrag kein Umsteuern beim Abbau von Kies und Sand vorsieht, kritisiert der Kamp-Lintforter Landtagsabgeordnete René Schneider. Statt eines Ausstiegsszenarios soll der Abbau lediglich „auf den notwendigen Bedarf zurückgeführt werden“. Das sei auch für die Bürgerinitiativen eine Enttäuschung. (5)

Verweise

1. Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen. Koalitionsvereinbarung von CDU und Grünen 2022-2027. [Online] 23. Juni 2022. https://gruene-nrw.de/dateien/Zukunftsvertrag_CDU-GRUeNE_Vorder-und-Rueckseite.pdf

2. BUND NRW. “Koalition auf grünem Auge blind“. [Online] 24. Juni 2022. https://www.bund-nrw.de/presse/detail/news/bund-zum-koalitionsvertrag-koalition-auf-gruenem-auge-blind/

3. Naturschutzbund NRW. Statement des NABU NRW zum Koalitionsvertrag. [Online] 23. Juni 2022. https://nrw.nabu.de/news/2022/31852.html

4. Grüne Jugend NRW. Grüne Jugend NRW lehnt Koalitionsvertrag zwischen Grünen und CDU ab. [Online] 24. Juni 2022. 24. Juni 2022. https://gj-nrw.de/blog/2022/06/24/gruene-jugend-nrw-lehnt-koalitionsvertrag-zwischen-gruenen-und-cdu-ab/. 5. Renè Schneider. NRW-Koalitionsvertrag enttäuscht beim Thema Kies. [Online] 23. Juni 2022. https://www.reneschneider.de/2022/kies-im-koalitionsvertrag-2/.]https://gj-nrw.de/blog/2022/06/24/gruene-jugend-nrw-lehnt-koalitionsvertrag-zwischen-gruenen-und-cdu-ab/

5. Renè Schneider. NRW-Koalitionsvertrag enttäuscht beim Thema Kies. [Online] 23. Juni 2022. https://www.reneschneider.de/2022/kies-im-koalitionsvertrag-2/

Grenzlandgruen - 17:54 @ Akteure und Konzepte, Raumplanung und Regionalentwicklung, Strukturwandel im Rheinischen Revier | Kommentar hinzufügen



 

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