niederrheinisch - nachhaltig 

17.05.2024

Zur Geschichte der Windenergie: Enercon E-33 unter Denkmalschutz

Windpark Schnow - Foto von Dr. Viviane Taubert.jpgSegelschiffe in der Antike, Windmühlen zum Mahlen von Getreide und zur Entwässerung von Landwirtschaftsflächen im Mittelalter.  In Europa existierten im 19. Jahrhundert einige 100.000 Windräder. Tüftler entwickelten erste Windturbinen zur Stromerzeugung. Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurden viele der Windmühlen nach und nach durch fossile Kraftquellen bzw. elektrische Antriebe ersetzt.

Erst in den 1970er Jahren begann die Windenergieindustrie insbesondere in Dänemark und Norddeutschland zu wachsen, als erste Windparks errichtet wurden.

Die ersten Windräder im Kreis Viersen wurden Mitte der 1990er Jahre in Willich und Nettetal in Betrieb genommen. Das schon fast legendäre Lagerwey-Windrad  am  Biohof Bolten in Niederkrüchten-Dam dreht sich seit 1999. Es produziert bis heute 80 kW Ökostrom.  

Das erste 70 Meter hohe De-Wind-Windrad in Schwalmtal leistete 600 kW und diente den dortigen Grünen 1999 als Wahlkampfsymbol bei der Kampagne „Zukunft gewinnen-Verantwortung übernehmen“. Seit einigen Wochen dreht sich die repowerte Version: eine 5,6 MW Anlage Enercon E-160.

In der Bundesrepublik entstand 1988 im  Kaiser-Wilhelm-Koog bei Marne im Dithmarschen der erste Windenergiepark mit zunächst 30 kleineren Anlagen.  Der Ort an der Nordsee gilt als Wiege der deutschen Windindustrie. Dort hatten einige Landwirte bereits nach dem Ersten Weltkrieg damit begonnen, mit Windrädern Strom zu produzieren. Dafür stellten sie eine ausrangierte Treckerachse senkrecht auf, setzten ein Windrad darauf und stellten einen Generator darunter. (1)

Sie waren wahrscheinlich betriebswirtschaftlich erfolgreicher als Growian. Am 4. Oktober 1983 ging die „größte Windanlage der Welt“  im Kaiser-Wilhelm Koog in Betrieb. Die vermeintliche Zukunft der Windenergie produzierte Schlagzeilen mit heißen Rotorbremsen, zersplissenen Flügeln Risse in der Nabe und Reparaturkosten in Millionenhöhe. Damit erfüllte sie wohl ihren damaligen Zweck:  Den „Ökos“ zu zeigen, dass Windenergie nicht funktioniert. (2). 

Im Sommer 1988 wurde Growian abgerissen. Im Jahr 2023 konnte weltweit die Marke von 1000 Gigawatt installierter Windkraftleistung geknackt werden. Windkraft gilt heute neben der Photovoltaik als Hoffnungsträgerin für eine klimaneutrale Energieversorgung. (3)

Seit dem 17. November 2023 verfügt der 229 Einwohner beherbergende brandenburgische Ortsteil Zossen-Schünow (Landkreis Teltow-Fläming) über zwei eingetragene Landesdenkmäler: die aus dem Jahr 1765 stammende Dorfkirche (4) sowie zwei Enercon-33-Windräder des Windparks Schünow. (5) 

Die Anlagen wurden im Jahr 1992 durch den Privatunternehmer Jürgen Weinrich mit insgesamt vier baugleichen Anlagen geplant und 1993 in Betrieb genommen. Der Schwesterpark stand in räumliche Nähe bei Horstfelde. (5). 

Die Enercon E-33 gehörte bei ihrer Markteinführung Ende der 1980er Jahre durch die Verwendung von Stahlbeton zu den leistungsstärksten Windkraftanlagen. Mit einer Nabenhöhe von 38 m und einem Rotordurchmesser von 33 m sind die Schünower Windräder verhältnismäßig klein. Ihre Gesamtleistung betrug 0,6 MW. Nach Ablauf ihrer 30-jährigen Betriebserlaubnis können sie nicht mehr für die kommerzielle Stromerzeugung genutzt werden. Der Generator und die Gondel sind kaputt.

Die Anlagen seien nicht nur technische Denkmale, sondern Zeugnisse des beginnenden Windkraftausbaus der frühen 1990er Jahre, schreibt das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege: „Durch die Sensibilisierung für die Notwendigkeit umweltverträglicher Energieerzeugung nach Tschernobyl wurden auch in der DDR entsprechende Entwicklungen verfolgt.“ (6 S. 23)

Die Anlagen bleiben jetzt als Relikte der Industriegeschichte der Nachwelt erhalten. Um deren Erhalt will sich der Verein WindKraft Arche e.V. bemühen. Dessen Gründer Christian Busse hatte den Eintrag in die Denkmalliste beantragt und kommentierte die für ihn „lang erwartete und freudige Nachricht“ so: „Die zwei Enercon-33 südlich von Berlin sind damit offiziell deutschlandweit die ersten Windenergieanlagen, welche Denkmalstatus erlangt haben. Sehr wahrscheinlich sind sie damit sogar europaweit, wenn nicht sogar weltweit, die ersten technischen Denkmäler ihrer Art“ (7). 

Verweise

1. MDR. Das erste und einzige Windrad der Republik. [Online] 12. April 2022. https://www.mdr.de/geschichte/ddr/wirtschaft/russland-ukraine-krieg-putin-gas-windrad-ddr-100.html

2. Wikipedia. Growian. [Online] 14. Dezember 2023. https://de.wikipedia.org/wiki/Growian

3. Volker Quaschning. Weltweite installierte Windkraftleistung. [Online] April 2024. https://volker-quaschning.de/datserv/pv-welt/index.php

4. Wikipedia. Dorfkirche Schünow. [Online] 14. Dezember 2023. https://de.wikipedia.org/wiki/Dorfkirche_Sch%C3%BCnow

5. Stadt Zossen. Schünow schreibt Landesgeschichte. [Online] 3. Januar 2024. https://www.zossen.de/buerger/meldungen/schuenow-schreibt-landesgeschichte/

6. Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum. Denkmalreport Brandenburg 2023/2024. [Online] 3. Mai 2024. https://bldam-brandenburg.de/wp-content/uploads/2024/05/Denkmalreport-2023_24.pdf

7. Christan Busse. Linkedin. [Online] Januar 2024. https://www.linkedin.com/in/christian-busse-7a4419224/

Grenzlandgruen - 18:55 @ Kreis Viersen, Schwalmtal, Raumplanung und Regionalentwicklung, Infrastrukturen und Daseinsvorsorge | Kommentar hinzufügen

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