niederrheinisch - nachhaltig 

29.01.2025

DeepSeek, Green IT und die Nachhaltigkeit

250129 KI 2.jpegAm 20. Januar 2025 hat der bisher als mysteriös umschriebene chinesische KI-Neuling DeepSeek aus der neun Millionen Menschen beherbergenden Heidelberger Partnerstadt Hangzhou (1) der Weltöffentlichkeit sein großes Open Source - KI-Modell R1 vorgestellt. Mit der Behauptung, dass es aufgrund einer neuartigen, den Rechenaufwand reduzierenden Architektur zu einem Bruchteil des Preises von Anbietern wie OpenAI und Meta und unter Verwendung deutlich schlechterer KI-Chips trainiert wurden, hat DeepSeek eine Riesenwelle ausgelöst. Weltweit sackten die Aktienkurse westlicher Tech-Konzerne in den Keller. Geldanlegerinnen und -anleger fürchten um den Bestand des derzeitigen KI-Geschäftsmodells

Die DeepSeek-App wurde millionenfach heruntergeladen. Sie setzte die globale Konkurrenz unter Druck. Vom neuen „Sputnik Schock“ war die Rede. Galt doch die Auseinandersetzung um die Vorherrschaft in der KI-Welt bisher als ein Wettrüsten, das ausschließlich zwischen amerikanischen Konzernen stattfand. Das, was DeepSeek angekündigt hat, könnte Elemente einer Green-KI enthalten, die ihre gemeinnützig verwertbaren Ergebnisse mit reduzierten Ressourcen erzielt. Bei aller Diskussion um globale Wettbewerbsvorteile sollte die nachhaltige Gestaltung der sozio-technischen KI-Systeme nicht aus den Augen verloren werden.

DeepSeek sei „nicht weniger als ein strategischer Sieg für China, der Trumps gesamte Präsidentschaft beeinflussen könnte,“ meinte Handelsblatt-US-Korrespondentin Annett Meiritz (2). Industrien im globalen Wettbewerb mit nationalen Subventionen, Exportbeschränkungen oder Zöllen ausbremsen zu wollen, scheint nicht die intelligenteste Lösung zu sein. Handelsblatt-Redakteur Thomas Jahn ergänzte: „Deepseek zeigt, wie wenig wir wissen. Wie einfach es sein kann, die Welt zu verändern. […] Die Zukunft lässt sich nicht erzwingen. Fortschritt lebt von Ideen, Austausch und Notwendigkeiten. Auch gut gemeinte Förderung kann in die falsche Richtung führen.“ (3)

Noch ist der DeepSeek-Trainingsansatz nicht unabhängig überprüft. Seit dem 28. Januar 2025 meldet DeepSeek „groß angelegte böswillige Angriffe” auf seine Dienste. Über deren Ursprung gibt es noch keine Informationen. Gegenüber BBC erklärte OpenAI, chinesische und andere Unternehmen würden ständig versuchen, die Modelle führender US-amerikanischer KI-Unternehmen zu destillieren. Daher sei es für die Zukunft von entscheidender Bedeutung, eng mit der US-Regierung zusammenzuarbeiten, um die leistungsfähigsten US-amerikanischen KI-Modelle bestmöglich zu schützen. (4) Mit Destillierung wird die urheberrechtsverletzende Nutzung der Ergebnisse großer KI-Sprachmodelle zur Entwicklung effizienterer Modelle umschrieben.

Der „ZEIT-Redakteur Jakob von Lindern analysierte: „Bislang galt unter den Vertretern der KI-Industrie der Glaubenssatz: Viel hilft viel. […] Wenn aus China konkurrenzfähige, aber deutlich günstigere Modelle kommen, können die Tech-Größen aus den USA ihre immensen Ausgaben für Chips und Rechenzentren kaum noch rechtfertigen. Es könnte bedeuten, dass sich ihre Milliardeninvestitionen nicht auszahlen […] Die US-Sanktionen haben ihr Ziel verfehlt. Sie haben den Erfolg von DeepSeek sogar erst ermöglicht, weil sie den Ehrgeiz der chinesischen Entwickler geweckt haben. Ausgerechnet für Europa könnte der Aufstieg des Underdogs aus China aber eine gute Nachricht sein. Denn der Erfolg von DeepSeek zeigt: Das Rennen um die beste künstliche Intelligenz ist weiter offen.“ (5)

Noch ist nicht sicher, ob alle Behauptungen des chinesischen Unternehmens der Wahrheit entsprechen. Noch ist nicht ausgeschlossen, dass es sich bei DeepSeek auch um einen Versuch der Börsenbeeinflussung durch den Deep-Seek – Mutterhedgefonds „High Flyer Quant“ (6) handeln könnte. High Flyer Quant ist ein vollautomatischer Börsenhändler, der auf der Basis eines 2017 implementierten Deep-Learning Algorithmus intensives „Data-Mining“ betreibt.  Das Unternehmen hat für seine Leistungsbilanz und die Größe seines verwalteten Vermögens in Folge den Golden Bull Award gewonnen – die prestigeträchtigste Auszeichnung im Bereich Vermögensverwaltung in China. High Flyer Quant profiliert sich zudem mit Spenden an chinesische Wohltätigkeitorganisationen und nutzt nach eigenen Angaben KI, um Probleme zu lösen „die Welt zu verändern und der Menschheit zu nützen.“ (7)

Flache Verwaltung, offene Diskussionen, kein blinder Glauben an Autorität und Erfahrungen aus der Vergangenheit – das sei das Erfolgsgeheimnis von „High-Flyer“ und „DeepSeek“ – verkündete CEO Liang Wenfeng (*1985) am 22. Juli 2024 in einem Interview mit der chinesischen Technologie- und Investorenplattform 36Kr. Deren Namen beruht auf Krypton, dem fiktiven Herkunftsplaneten des Science-fiction-Helden Superman. (8) Liang Wenfeng bedient in dem Gespräch die Nachhaltigkeitsideen und -illusionen, die auch in 1990er Jahren bei den Anfängen von Google, Amazon & Co eine Rolle spielten.

DeepSeek gehe es nicht um den schnellen Profit, Kommerzialisierung und Wettbewerb, sondern um die technischen Grundlagen einer allgemeinen KI für soziale Effizienz und globale Arbeitsteilung. Im Mittelpunkt ständen daher nicht die profitablen Anwendungen, sondern grundlegende Modelle und echte Innovationen zur Lösung der schwierigsten Herausforderungen. Es gebe bei DeepSeek keine Hierarchien, das meiste laufe von unten nach oben ab. Jeder bringe seine einzigartigen Erfahrungen und eigene Ideen ein. Daher seien die „DeepSeek“-Leute von echter Neugier und Leidenschaft geprägt. Sie seien mehr von der Forschung als vom Geld motiviert. Rollen oder Arbeitstempo würden nicht im Voraus festgelegt, Wunderkinder gebe es nicht, die Arbeitsteilung erfolge auf natürliche Weise. Basis für DeepSeek seien das Vertrauen und das Know-How, um hochkarätige Talente so zu organisieren, damit sie effektiv Innovationen herbringen. (8)

DeepSeeks Ergebnisse haben die nervösen Börsenakteure am meisten überrascht. Oder lag es an den KI-gesteuerten und automatisierten Handelsstrategien, die zum Herdenverhalten aufgrund identischer Informationsverarbeitung geführt haben?

KI-Experte Fabian Westerheide hielt die Panik für übertrieben und glaubte nicht, dass DeepSeek die Branche revolutioniert: “In zwei, drei Wochen kommt das nächste große Modell und dann redet niemand mehr von Deepseek.” (9) 

Zum chinesischen Neujahrsfest - am 28. Januar 2025 - stellte der chinesische Internet-Riese Alibaba ein neues Ki-Modell vor, das deutlich weniger Rechenressourcen benötige als die Modelle anderer Unternehmen… (10). Es begann das Jahr der Schlange. Es wird im chinesischen Tierkreis mit Wachstum, Kreativität, Weisheit, Eleganz und Flexibilität in Verbindung gebracht. Die Wettbewerbe um profitable Geschäftsmodelle, unverzerrte und unzensierte Algorithmen und um die nachhaltige Effizienz in der KI werden forgesetzt.

Verweise
1. Heidelberg. Stadtporträt Hangzhou. [Online] [Zitat vom: 29. Januar 2025.] https://www.heidelberg.de/HD/Leben/hangzhou.html

2. Anett Meiritz. Die US-Strategie rächt sich. Handelsblatt vom 29. Januar 2025

3. Thomas Jahn. Alles Geld der Welt reicht nicht aus. Handelsblatt vom 29. Januar 2025

4. João da Silva & Graham Fraser. OpenAI says Chinese rivals using its work for their AI apps. BBC. [Online] 29. Januar 2025. https://www.bbc.com/news/articles/c9vm1m8wpr9o

5. Jakob von Lindern. Kampfansage aus China. Zeit-online. [Online] 29. Januar 2025. https://www.zeit.de/2025/05/deepseek-kuenstliche-intelligenz-china-usa-markt/komplettansicht

6. High Flyer Quant. [Online] [Zitat vom: 29. Januar 2025 (mit Überstezungsprogramm).] https://www.high-flyer.cn/

7. High flyer. Talents Bring Talents Together. [Online] [Zitat vom: 29. Januar 2025.] https://www.high-flyer.cn/en/join

8. Yu Lili. Enthüllung von DeepSeek: Eine extremere Geschichte des chinesischen Technologieidealismus . 36kr. [Online] 22. Juli 2024 (maschinell übersetzt). https://36kr.com/p/2872793466982535

9. Kilian Schroeder. KI-Experte: “In drei Wochen redet niemand mehr von Deepseek”. Stern/Capital. [Online] 29. Januar 2025. https://www.stern.de/capital/ueber-deepseek-redet-in-drei-wochen-niemand-mehr—sagt-ein-ki-experte-35421770.html

10. Katerina Alexandridi. Konkurrenz für DeepSeek: Chinas Alibaba stellt KI-Modell vor. Berliner Zeitung. [Online] 29. Januar 2025. https://www.berliner-zeitung.de/news/konkurrenz-fuer-deepseek-chinas-alibaba-stellt-ki-modell-vor-li.2291999

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