Thomas Schulz (Schwalmverband) zu Am/36)
Sehr geehrter Herr Böttcher,
neben Ihrer Anfrage zum B-Plan erhielt ich auch eine Anfrage von Herrn Gather. Unten stehend erhalten Sie meine Stellungnahme zu den Fragen –wie ich sie an Herrn Gather gegeben habe- zur Kenntnis. Ich hoffe, damit auch Ihre Fragen beantworten zu können:
Sehr geehrter Herr Gather,
mit Verweis auf die teilweise kontroverse Diskussion bezüglich möglicher Auswirkungen des B-Plan-Entwurfes Am-36 auf den Kranenbach, baten Sie mich um eine Einschätzung der Situation aus wasserwirtschaftlicher Sicht, die ich Ihnen hiermit in ein paar kurzen Sätzen gerne mitteile. Vorbehaltlich einer konkreteren Betrachtung im noch ausstehenden förmlichen Beteiligungsverfahren haben wir das Vorhaben in Bezug auf mögliche Auswirkungen auf die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie betrachtet. Es ist zunächst festzustellen, dass für den Kranenbach als „natürliches Gewässer“ im Sinne der EU-WRRL das Ziel des „guten ökologischen Zustandes“ angestrebt wird. Der bei der WRRL-Maßnahmenplanung verfolgte sog. Strahlwirkungsansatz berücksichtigt die Tatsache, dass zur Zielerreichung nicht in jedem Abschnitt eines Gewässers ein natürlicher Zustand herzustellen ist. Daher werden in der Abstufung ihrer ökologischen Qualität die hochwertigen „Strahlursprünge“ -die i.d.R. nur außerhalb der Siedlungsgebiete denkbar sind- von etwas weniger hochwertigen „Aufwertungsstrahlwegen“ und „ökologischen Trittsteinen“ bis hin zu irreversiblen „Degradationsstrecken“ unterschieden.
Der abgestimmte WRRL-Umsetzungsfahrplan aus dem Jahr 2012 i. V. m. dem WRRL-Maßnahmenprogramm NRW sieht für den Kranenbach im Bereich der Hauptstraße in Amern die Herstellung eines „ökolog. Trittsteines“ als gewässerökologisches Funktionselement vor. Durch die vor einigen Jahren gemeinsam mit der Gemeinde Schwalmtal und dem Grundstückseigentümer der Flächen am „Kranenbachcenter“ geschlossenen Vereinbarung und durch darüberhinausgehende von anderen Privateigentümern zur Verfügung gestellte Flächen, war es dem Schwalmverband jedoch möglich, ein weit umfänglicheres Projekt zur naturnahen Gewässerentwicklung im Bereich der Hauptstraße in Amern zu realisieren.Durch unsere Gewässerausbaumaßnahme, die in den Jahren 2015/2016 ausgeführt wurde, konnte auf einer Gesamtlänge von ca. 750 m ein wesentliches Element die Zielerreichung geschaffen werden, dass im Ergebnis in der Gesamtheit sogar den Ansprüchen eines Strahlursprungs gerecht wird und damit das ursprünglich für diesen Gewässerabschnitt im bebauten Gebiet angestrebte Ziel des ökologischen Trittsteines überragt.Neben der Herstellung eines naturnahen Gewässerprofils mit Sekundärauenbereichen gehört die neue Linienführung des Kranenbaches östlich der ursprünglichen verrohrten Trasse als wesentliches Element zu der Gewässerausbaumaßnahme. Hierdurch wurde die ursprünglich ca. 80m lange Verrohrung auf dem Parkplatzgelände des Kranenbachcenters vollkommen umgangen und es verblieb lediglich die unvermeidbare neue Querung der Hauptstraße mit einem ökologisch durchgängigen Bauwerk von ca. 14 m Länge. Die vorhandene Verrohrung auf dem Parkplatzgelände wurde dabei aufrecht erhalten und dient heute nur noch als zusätzliches Hochwasserentlastungsgerinne bei Abflüssen ab ca. 1,5 m³/s, während der ökologisch relevante Abflussanteil bis zu diesem Schwellenwert ausschließlich der neuen naturnahen Gewässertrasse folgt.
Die ökologisch erforderliche Durchgängigkeit des Gewässers konnte so in diesem wichtigen Gewässerabschnitt sichergestellt werden, ohne die Leistungsfähigkeit des Gewässers für den Hochwasserabfluss negativ zu beeinflussen und der verrohrte alte Gewässerverlauf ist für die WRRL-Zielerreichung damit nicht mehr relevant. Dies gilt sinngemäß auch für den Gewässerabschnitt unterhalb der alten Verrohrung bis zur Einmündung des neu gestalteten naturnahen Gewässerabschnitts.
Für die Gewässerbewirtschaftung ergeben sich somit durch die vorgesehenen Veränderungen des B-Planes keine –zum jetzigen Zeitpunkt- erkennbaren negativen Auswirkungen, sofern die Aufrechterhaltung des ungehinderten Hochwasserabflusses unter dem Gelände mit dem heutigen Durchflussquerschnitt und die wasserrechtliche Bedeutung als Gewässer erhalten bleiben. Hierzu ist der Grundstückseigentümer gem. des vorhandenen Vertrages und der genehmigten Gewässerausbauplanung ohnehin verpflichtet. Weitere grundstücksrechtliche Belange sind bei der konkreten Planung mit der zuständigen Wasserbehörde und dem Schwalmverband abzustimmen. Auf die Bedeutung des zu erhaltenden Gewässers für den Hochwasserschutz ist in der Planung besonders hinzuweisen. Für die Beseitigung des Niederschlagswassers sind im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren die technischen Voraussetzungen mit der Genehmigungsbehörde zu klären, der Schwalmverband wird im Verfahren beteiligt.
Vorsorglich weise ich auch darauf hin, dass für einen ggfls. erforderlichen Ausgleich gem. LNG NRW möglichst (angrenzende) Flächen am Kranenbach genutzt werden sollten, um eine Fortführung der naturnahen Gewässerumgestaltung damit zu ermöglichen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Schulz